Es ist geschafft! Die Entscheidung das Web 2.0 zu einem Teil des Unterrichts zu machen ist gefallen. Die Einverständniserklärungen sind unterschrieben, die Eltern informiert und die SchülerInnen haben zu Hause alle einen PC zur Verfügung. Wunderbar, die ersten Hürden sind überwunden. Im besten Fall hat man auch schon eine Vorstellung davon, was der Blog einmal leisten soll – soll er bloße Organisationsplattform für Aufgaben und ähnliches sein oder soll es ein komplexer Blog sein, der SchülerInnen neben Materialien auch Foren für Austausch und dergleichen bietet.
Haben weder die Lehrperson, noch die SchülerInnen Erfahrungen mit dem Bloggen sollte die Devise gelten: Erstmal klein anfangen. Auf einfachen Ergebnissen kann dann aufgebaut werde, wenn sich alle sicherer im Umgang mit dem neuen Medium fühlen. Nehmen wir ein ideales Beispiel zur Hand: eine 8. Schulklasse wird über mehrere Schuljahre von dem gleichen Lehrer betreut, der mit ihnen einen Klassenblog zum Unterrichtsfach Deutsch einrichtet.
Um Eltern und Schülern die Angst vor der Neuerung zu nehmen und alle mit dem Umgang vertraut zu machen, bietet es sich an, den Blog zunächst nur für das Posten von Aufgabenstellungen, Organisatorischem und eventuell nur wenige Materialien zu nutzen. So könnten z.B. über die Ferien oder ein langes Wochenende die Plattform genutzt werden, um die Schüler zu erreichen.
Eine dieser Aufgaben könnte es sein, dass die Schüler z.B. pro Ferienwoche einen kurzen Tagebucheintrag schreiben. Es wird sich nicht davor gescheut, rein persönliche Einträge zu verfassen, denn die Schüler sollen zunächst ein Gefühl dafür bekommen, zu bloggen. Allein oder zu zweit mit einem Freund aus der Klasse können sie mit diesen individuellen (unbenoteten) Einträgen erste Versuche zu Formatierungen und Design machen, die Lehrperson kann eine Anleitung zum Einstellen von Bildern posten, mit der die Schüler ihre Beiträge auch visualisieren können. Dabei können die SchülerInnen die Länge ihrer Beiträge und auch ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen.
Sind die Ferien vorbei, kann der nächste Schritt gemacht werden. Der Blog soll nun auch thematisch in die Unterrichtsinhalte eingebunden werden. Möglich wäre es den Schülern in Kleingruppen von zwei bis vier Mitgliedern die Aufgabe zu stellen, innerhalb einer Schulstunde online nach Seiten über ein neues Unterrichtsthema zu suchen. Nehmen wir als Beispiel Schillers „Kabale und Liebe.“ Der Einstieg in die Unterrichtseinheit bildet damit auch einen ersten Einstieg in die Verlinkung von Inhalten. Pro Gruppe sollen zwei bis drei Links gepostet werden, die in irgendeiner Form mit dem Oberthema zusammenhängen.
Diese werden gesammelt und mit der Lehrperson besprochen. Im Zuge dessen kann dann im Klassenverband besprochen werden, wie man eine seriöse Seite erkennt und ob die spezielle Seite wirklich hilfreich für die Erarbeitung des Themas ist. Nachdem dabei wohl einige Seiten wegfallen, können die übrigen in Kategorien eingeteilt werden. Einige Seiten beschäftigen sich vielleicht mit Schiller, andere bieten Rezensionen für Aufführungen des Stückes, während andere wiederum Informationen über den geschichtlichen Hintergrund bieten. Abschließend werden die Links sortiert und überarbeitet neu gepostet (entweder von der Lehrperson oder einem engagierten SchülerIn). Die Lehrperson kann später noch eigene Funde ergänzen. Dafür sollte man eine weitere Schulstunde einplanen, wobei die SchülerInnen auch einen Kriterienkatalog erstellen können, anhand dessen sie die Seiten bewerten können. Die gefundenen Links stehen den SchülerInnen dann während der Unterrichtseinheit zur Verfügung, um sich zu informieren oder weiterführend zu arbeiten. In diesem Stadium spielt es keine Rolle, dass die SchülerInnen sich austauschen oder kommunizieren, es soll lediglich dazu dienen, die SchülerInnen daran zu gewöhnen, Informationen auf diese Art zu erhalten und nicht etwa in gewohnter Form (z.B. Arbeitsblätter).
Möchte man den Blog längerfristig und nicht nur für eine Unterrichtseinheit nutzen, ist es möglich diesen Vorgang beim nächsten Themenkomplex zu wiederholen und erst dann zu vertiefen. (Natürlich kann dies auch in Anschluss an die erste Phase erfolgen.) Wieder teilt man die SchülerInnen in Gruppen ein und wieder gibt man ihnen die Aufgabe nach Internetseiten zum neuen Thema zu suchen. Die gefundenen Seiten sollen aber nicht nur gepostet werden, sondern es sollen auch Anmerkungen über den Inhalt der Seite gemacht werden und in wie fern die Seite für die Unterrichtseinheit von Bedeutung sein kann. Dafür kann zunächst in der Unterrichtsstunde nach geeigneten Seiten gesucht werden, die Anmerkungen können dann als Hausaufgabe von den Schülern in Einzelarbeit erledigt werden oder die Aufgabe wird über eine Doppelstunde von der ganzen Gruppe gemeinsam bearbeitet. Gewünschte Ergebnisse könnten z.B. sein: „Auf dieser Seite finden sich übersichtlich geordnete Verzeichnisse von Autoren der Epoche xy, dies kann uns helfen, indem….“
Diese einfache Analyse kann als eine simple Art des bloggens verstanden werden. Komplexer wird das Ganze, wenn im weiterführenden Verlauf die Mitschüler die Beiträge kommentieren und z.B. kleine Diskussionen über einzelne Seiten entstehen und diese miteinander verglichen werden. Dieses Antworten auf Posts kann von der Lehrperson gefördert werden, indem von ihr jeden Tag Fragen eingestellt werden, über die die SchülerInnen nachdenken und diskutieren sollen, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der erstellten Linkliste. Der Umfang und die geforderte Zahl der Antworten kann dann schrittweise erhöht werden, wobei die SchülerInnen vorab genau über die Anforderungen informiert werden müssen. So könnten zu Beginn einfache Fragen zur Wiederholung gestellt werden, später können dann komplexere Aufgaben im Sinne der klassischen Hausaufgaben Teil des Blogs werden. Auch ganze Texte wie z.B. Charakterisierungen können auf diese Art den Mitschülern verfügbar gemacht werden. Diese Aufgaben können sowohl zu Hause in freier Zeiteinteilung, als auch in den regulären Schulstunden erfolgen, dabei ist es je nach Vorgabe möglich diese in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit zu erledigen.
Die Mitschüler sind dazu angehalten, über die Beiträge der Anderen nachzudenken und deren Beiträge zu kommentieren – entstehen dadurch neue Diskussionen oder Arbeitsansätze, umso besser! Denn diese können dann im Idealfall zu neuen Beiträgen werden, die ohne konkrete Arbeitsaufträge entstehen und den SchülerInnen so ein höheres Maß an Individualität ermöglichen.
Behält man diese Arbeitsweise bei, können die SchülerInnen in den Blog „hineinwachsen“ und ihn als Teil ihres Schulalltages integrieren. Durch diesen langsamen, aber stetigen Einstieg wird der Blog nicht nur zu einem einmaligen Erlebnis für die SchülerInnen, sondern sie gewöhnen sich einen regelmäßigen Umgang an, der in seiner Komplexität je nach Altersstufe angemessen gesteigert werden kann. Bei den unteren Klassenstufen reichen vielleicht schon Verlinkungen mit passenden Anmerkungen, doch auch jüngere SchülerInnen können lernen, über die Inhalte zu kommunizieren und diese ungewohnte Form der Informationsweitergabe zu nutzen. In der Oberstufe kann dann der Blog dazu dienen, unter Berücksichtigung verschiedener Quellen weiterführende Studien oder auch Reflexionen zu bestimmten Themen zu veröffentlichen und ein Forum für Mitschüler und eventuell auch externe Interessierte zu bieten, um so den Unterricht über die Schulgrenzen hinaus zu öffnen.